Protestaktion der Schaeffler-Beschäftigten aus Luckenwalde am Tag der Deutschen Einheit

„Wir sind Luckenwalde. Schaeffler, wo ist unsere Zukunft?“

03.10.2020 | Mit einem großen Tansparent mit diesem Text haben mehr als 300 Beschäftigte von Schaeffler in Luckenwalde und ihre Angehörigen am Tag der Deutschen Einheit in Potsdam am 3. Oktober mit einer beeindruckenden Protestaktion für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Unübersehbar und unüberhörbar standen sie in einer langen Reihe gegenüber der Zufahrt zum Parkplatz der Metropolishalle in Potsdam-Babelsberg, in der an diesem Tag der offizielle Festakt zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit stattfand.

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nahm sich nach dem offiziellen Festakt Zeit, mit den Beschäftigten von Schaeffler aus Luckenwalde zu sprechen. - Fotos: Volker Wartmann

Unübersehbar für die Politprominenz: Rund 350 Schaeffler-Beschäftigte nahmen an der Protestaktion vor der Metropolishalle in Potsdam-Babelsberg teil.

Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke sicherte den Kolleginnen und Kollegen von Schaeffler in Luckenwalde die Unterstützung der Landesregierung zu.

Tobias Kunzmann, Erster Bevollmächtiger der IG Metall Ludwigsfelde, bezeichnete die Pläne der Konzernleitung als verantwortungslos und kurzsichtig.

Die Schaeffler-Beschäftigten in Luckenwalde kämpfen für ihre Arbeitsplätze.

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach sprach bereits vor dem Festakt "30 Jahre Deutsche Einheit" mit den Schaeffler-Beschäftigten.

Frank Hildebrandt, Betriebsratsvorsitzender bei Schaeffler in Luckenwalde, betonte, dass die Beschäftigten bei Schaeffler sich sehr mit dem Unternehmen identifizieren.

Einige Beschäftigte brachten ihre ganze Familie zu der Aktion mit.

„Was Schaeffler vorhat, ist für uns absolut unverständlich und inakzeptabel“, sagte Frank Hildebrandt, Betriebsratsvorsitzender bei Schaeffler in Luckenwalde zum Auftakt der Aktion. 140 der 400 Arbeitsplätze sollen abgebaut und der Rest des Werkes verkauft werden, ohne dass es dazu konkrete Pläne gäbe. „Wir wollen ein Umdenken beim Konzern erzwingen. Wir haben hier eine tolle und hochqualifizierte Mannschaft, die bereit für Innovationen ist. Warum die Produktion aus Luckenwalde abziehen, obwohl wir hier bereit für Veränderungen sind und trotz Corona-Krise annähernd wieder Volllast fahren“

„Schaeffler steht in der Verantwortung, den Standort Luckenwalde zu erhalten“, appellierte Tobias Kunzmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ludwigsfelde, an die Konzernleitung. „In Lizenz hat Schaeffler bereits seit Mitte der 80er Jahre in Luckenwalde produziert. Der Konzern war immer stolz auf die Innovationskraft der Fachkräfte am mittlerweile letzten Produktionsstandort in Ostdeutschland und man hat hier immer Geld verdient. Schaeffler ist eine Einheitsgeschichte.“ Es sei „verantwortungslos und kurzsichtig, den Standort in Luckenwalde zu schließen und die Dynamik in Brandenburg in Richtung E-Mobilität oder Wasserstoff-Technologie nicht zu nutzen“, so Kunzmann.

Sämtliche geladenen Gäste zum Festakt zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit mussten bei ihrer An- und Abfahrt zur Metropolishalle im Schritttempo an den Protestierenden aus Luckenwalde vorbeifahren. Einige waren sich nicht zu schade, bereits vor dem Festakt aus ihren Limousinen auszusteigen und mit den Protestierenden aus Luckenwalde zu sprechen. Jörg Steinbach, Wirtschafts- und Arbeitsminister des Landes Brandenburg, sagte zu den Schaeffler-Beschäftigten: „Ich werde weiterhin versuchen, Kontakt zum Vorstand von Schaeffler aufzunehmen und ihn zum Umlenken zu bewegen. Haltet durch, ich stehe an eurer Seite.“ Auch Martin Dulig, Wirtschaftsminister in Sachsen, sprach vor der Veranstaltung mit den Beschäftigten und warnte davor, bei Restrukturierungen nur wieder die Standorte im Osten des Landes zu streichen.

Nach dem Festakt nahm sich auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Zeit für die Kolleginnen und Kollegen aus Luckenwalde und ließ sich vom Betriebsratsvorsitzenden Frank Hildebrandt die aktuelle Lage im Luckenwalder Schaeffler-Werk erläutern. „Wir brauchen auch in Zukunft Industriearbeitsplätze in Ostdeutschland“, sagte Heil. „Es lohnt sich, für jeden einzelnen Arbeitsplatz zu kämpfen.“ Er bot dem Betriebsratsvorsitzenden an, mit ihm zeitnah über die Situation bei Schaeffer in Luckenwalde in Berlin zu sprechen.

Auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke sprach vor seiner Abfahrt nach den offiziellen Feierlichkeiten mit einer Delegation der Luckenwalder Schaeffler-Beschäftigten. „Als Landesregierung unterstützen wir euch, wo wir können“, so Woidke. „Es ist immer einfacher, Arbeitsplätze zu erhalten als neue zu schaffen. Darum lohnt sich der Kampf für den Erhalt der Arbeitsplätze in Luckenwalde.“ Zum Abschied machte er den Kolleginnen und Kollegen Mut: „Wir schaffen das gemeinsam.“

Markus Zirkel, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender am Stammsitz von Schaeffler in Hirschaid bei Bamberg, wo rund 1450 Menschen arbeiten, zeigte sich mit den Kolleginnen und Kollegen in Luckenwalde solidarisch: „Ich kenne den Standort Luckenwalde seit Anfang an und habe mich bei euch immer sauwohl gefühlt. Es darf nicht sein, dass Luckenwalde von der Landkarte von Schaeffler verschwindet“, rief er der Versammlung zu.

„Wir wollen, dass Zukunft in Brandenburg gemacht wird und dass in Luckenwalde weiterhin Industriearbeitsplätze erhalten werden“, sagte Erik Stohn, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag, der die Kundgebung ebenfalls besuchte.

Am Montag wird der Protest weitergehen: Der Schaeffler-Vorstand hat sich mit großer Delegation in Luckenwalde angekündigt. Denn wie formulierte es eine Kollegin, die von Anfang an bei Schaeffler in Luckenwalde dabei war: „Ich hatte gedacht, dass ich die 45 Arbeitsjahre bei Schaeffler noch vollmachen kann und dann in Rente gehe. Da fehlen nur noch vier Jahre und jetzt das!“

Von: vw

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